„Lohnt sich das denn?“
Diesen Satz höre ich von jeder Person, die an einer Photovoltaikanlage interessiert ist. Und dabei spielt es keine Rolle, ob es um ein Balkonkraftwerk, eine 10kWp Hausdachanlage oder eine Photovoltaikanlage mit mehreren Megawatt Leistung geht. Denn am Ende sind nur wenige Menschen bereit sehr viel Geld zu investieren, nur um die Energiewende und damit die Klimaziele zu unterstützen. Eine Investition in Photovoltaik muss sich am Ende rechnen. Und genau hier muss angesetzt werden, denn nicht für jeden Menschen bedeutet „sich rechnen“ das Gleiche. Ich antworte dann immer: „Es kommt darauf an“
1. Das Balkonkraftwerk
Ein Balkonkraftwerk ist mit die einfachste Möglichkeit eigenen Strom zu erzeugen und diesen selbst zu verbrauchen. Dafür sind lediglich zwei Module, ein Mikro-Wechselrichter und ein Kabel notwendig. Eventuelles Montagematerial kommt noch dazu. Ein solches Balkonmodul kostet in etwa 800 Euro und erzeugt (je nachdem, wo das Balkonkraftwerk hängt) ca. 650 – 800 kWh pro Jahr. Wird der gesamte erzeugte Strom direkt selbst verbraucht, werden bei einem Strompreis von 35 Cent jedes Jahr 220 Euro – 280 Euro eingespart. Somit hätte sich das Balkonkraftwerk bereits nach unter 4 Jahren amortisiert. Nun kommen allerdings saisonale Effekte hinzu (im Sommer wird mehr Strom erzeugt, als im Winter) und tagsüber ist meist niemand zuhause. Das der gesamte Strom aus einem Balkonkraftwerk direkt selbst verbraucht wird funktioniert daher leider nur in den wenigsten Fällen. In einem Zwei-Personenhaushalt wird in Deutschland werden ca. 2.000 – 3.500 kWh Strom im Jahr benötigt. Für das folgende Rechenbeispiel werden folgende Annahmen getroffen:
1. Der Stromverbrauch im Jahr beträgt 2.750 kWh
2. Die Ausrichtung des Balkonkraftwerkes ist Richtung Süden mit einem Winkel von 90 Grad
3. Es wird ein 600Watt Wechselrichter verwendet
4. Jedes Modul hat eine Peak-Leistung von 435Watt
Mit diesem Setup werden 676 kWh Strom im Jahr erzeugt und 280 kWh werden dabei selbst verbraucht. Werden oben genannte wirtschaftliche Faktoren zugrunde gelegt, amortisiert sich das Balkonkraftwerk also nach 8 – 9 Jahren. Dieser Zeitraum kann aber verkürzt werden, indem Stromverbräuche geplant werden. Beispielsweise wird die Waschmaschine auf 12 Uhr mittags programmiert und es wird nicht nachts gewaschen. Außerdem kann der Winkel der Module angepasst werden. Schon bei einer Veränderung von 90 Grad auf 80 Grad verändert sich der Amortisationszeitraum auf 7-8 Jahre.
Wird Ihnen bei einem Angebot für eine Photovoltaikanlage suggeriert, dass sich das Balkonkraftwerk innerhalb kürzester Zeit „rechnet“ bitte ich Sie diese Aussage vorsichtig zu betrachten. Dennoch bin ich der Meinung, dass eine Amortisation von 6-9 Jahren eine durchaus lohnende Investition darstellt und auf Dauer einiges an Kosten einspart. Denn bedenken Sie, eine Strompreissteigerung haben wir in der Beispielrechnung nicht mit betrachtet!
Übrigens: Eine Einspeisevergütung für überschüssigen Strom wird bei einem Balkonkraftwerk nicht gezahlt.
2. Die Hausdachanlage
Eine Hausdachanlage ist typischerweise von Anfang an auf einen längerfristigen Zeitraum ausgelegt als ein Balkonkraftwerk. Dies ist häufig schon dadurch bedingt, dass die meisten Menschen für den Kauf einer Photovoltaikanlage einen Kredit mit einer Laufzeit von 10 oder 15 Jahren aufnehmen.
Anders als bei Balkonkraftwerken wird bei Hausdachanlagen für überschüssigen Strom eine Einspeisevergütung gezahlt. Hierbei sind Anlagen mit Eigenverbrauch und Anlagen in Volleinspeisung voneinander zu unterscheiden, denn bei Eigenverbrauchsanlagen wird deutlich weniger für überschüssigen Strom gezahlt als für erzeugten Strom aus Volleinspeiseanlagen. Aktuell ist es seitens des Gesetzgebers gestattet, zwei unterschiedliche Anlagen anzumelden. Früher wurden Anlagen, die innerhalb eines Ein-Jahres-Zeitraums auf dem gleichen Dach oder Grundstück errichtet worden sind, als eine Anlage zusammengefasst. Somit können zwei Anlagen gleichzeitig errichtet werden: Eine Anlage für den Eigenverbrauch und (wer möchte) eine in Volleinspeisung. In meinen Augen macht die Erweiterung der Anlage durch eine Volleinspeiseanlage wirtschaftlich nur dann Sinn, wenn auch eine Eigenverbrauchsanlage installiert wird.
Typischerweise werden auf einem Hausdach ca. 10kWp installiert. Eine solche Anlage ist ohne Speicher für etwa 18.000 Euro inkl. Montage und Anschluss erhältlich.
Folgende Annahmen werden für die folgende Berechnung getroffen:
1. Die Anlage ist genau nach Süden ausgerichtet
2. Zwei Erwachsene und ein Kind mit jährlichem Verbrauch von 3.500 kWh
3. Keine Finanzierung
Werden oben genannte Annahmen berücksichtigt, werden von der Photovoltaikanlage ca. 11.540kWh Strom im Jahr erzeugt. Direkt selbst verbraucht werden hiervon allerdings nur 1.419 kWh. Dies liegt darin begründet, dass im Sommer sehr viel, in den Wintermonaten aber sehr wenig Strom erzeugt wird. Außerdem wird auch tagsüber sehr viel Strom erzeugt. Zu diesen Zeiten herrscht allerdings selten Bedarf. Durch den Eigenverbrauch können 35 Cent pro kWh, also knapp 500 Euro pro Jahr gespart werden. Durch den eingespeisten Strom wird vom Netzbetreiber eine Vergütung von etwa 870 Euro ausgezahlt. Der Gesamtertrag pro Jahr liegt somit bei etwa 1.370 Euro. Werden noch Versicherungskosten abgezogen, so liegt die Amortisationszeit bei ca. 15 Jahren.
Das ist nun nicht besonders schlecht, allerdings auch nicht besonders gut. Ein Grund, warum sich viele dennoch für eine solche Anlage entscheiden ist, dass Sie auf einen höheren Strompreis in der Zukunft spekulieren. In den Jahren 2000 bis 2020 stieg der Strompreis im Schnitt um 4% jährlich an. Legen wir diesen Wert zugrunde, so amortisiert sich die Anlage zumindest nach ca. 13 Jahren.
Betrachten wir nun den Fall, dass ein 10kWh Speicher mit verbaut wird. Dieser schlägt mit etwa 7.000 Euro zu Buche. In der Simulation kann bei gleichen Anlagendaten nur durch den Speicher der Eigenverbrauch von 1.419 kWh auf 2.814 kWh fast verdoppelt werden. Die Gesamtkosten der Anlage betragen 25.000 Euro.
Durch die Anlage mit Speicher können knapp 985 Euro pro Jahr gespart werden. Zusätzlich erhält der Anlagenbetreiber oder die Anlagenbetreiberin knapp 740 Euro EEG-Vergütung. Wird noch die Versicherung abgezogen beträgt die Amortisationszeit knapp 16 Jahre. Nach den 16 Jahren wird allerdings sehr viel mehr Geld gespart, als ohne Speicher. Wird nun noch die Preissteigerung von 4% pro Jahr zugrunde gelegt, wird eine Amortisation von 12 bis 13 Jahren erreicht. In den Jahren darauf werden jedes Jahr weit über 2.000 Euro gespart. Die übrigen Stromkosten, die für den Netzbezug noch anfallen, werden locker durch die Einspeisevergütung gedeckt.
Wenn es das Ziel ist, unabhängig vom Strompreis zu sein, dann lohnt sich eine Hausdachanlage auf jeden Fall. Auch wirtschaftlich macht eine solche Anlage mittelfristig definitiv Sinn. Ist es aber das Ziel, eine Amortisation von unter 10 Jahren zu erreichen, dann müssen mehr Maßnahmen als der Bau einer PV-Anlage ergriffen werden. Der Selbstaufbau einer Photovoltaikanlage spart einiges an Geld. Dauert allerdings auch länger, wenn kein Profi am Werk ist.
3. Die Großanlage
Die Wirtschaftlichkeit bei großen Anlagen ist, wird nur die EEG-Vergütung betrachtet, einem Amortisationszeitraum von ca. 12 bis 18 Jahren unterworfen. Hierbei spielt selbstverständlich die Größe eine Rolle, aber auch andere Faktoren, wie der Netzanschluss, wird ein Umspannwerk benötigt oder nicht etc. Großanlagen im Bereich der Photovoltaik bieten aber zwei Anreize, die für die wirtschaftliche Betrachtung nicht zu unterschätzen sind.
Ab einer Anlagenleistung von 100kWp sind Photovoltaikanlagen sind diese über die Strombörse zu vermarkten. Hierzu wird sich eines Unternehmens bedient, dass die Vermarktung des erzeugten Stroms an der Börse übernimmt. Wird an der Börse ein Preis für die kWh erzielt, der unterhalb der gesetzlich gesicherten EEG-Vergütung liegt, so wird die Differenz über das EEG-Konto des Staates ausgeglichen. Die Börsenvermarktung bietet aber auch den Vorteil, dass höhere Preise für die kWh erzielt werden können, als die EEG-Vergütung ist. Das bedeutet, dass eine investierende Person mit einer Mindestvergütung rechnen kann, aber auch die Möglichkeit besteht, höhere Gewinne zu erzielen. Durch höhere Vergütungen an der Börse amortisiert sich auch eine Photovoltaikanlage schneller.
Der zweite interessante Punkt bei der wirtschaftlichen Betrachtung von Photovoltaikanlagen ist der sogenannte Investitionsabzugsbetrag des §7g EStG. An dieser Stelle sei vorausgeschickt, dass folgender Absatz keine Beratung darstellt. Eine solche Beratung sollte zwingend von Ihrem Steuerberater durchgeführt werden.
Eine Photovoltaikanlage gilt als bewegliches Wirtschaftsgut. Aus diesem Grund können in den 3 Jahren vor der Anschaffung einer solchen Anlage Investitionsabzugsbeträge in der Einkommenssteuererklärung geltend gemacht werden. Diese senken das zu versteuernde Einkommen und somit auch die Steuerlast der investierenden Person. In Abzug gebracht werden können aktuell bis zu 50% der Investitionssumme, wobei die zugrunde gelegte Summe 500.000 Euro nicht überschreiten darf. Durch diesen Effekt wird oftmals das eingesetzte Eigenkapital für eine solche Investition bereits über die Steuer zurückerlangt. Im ersten Jahr nach der Inbetriebnahme dürfen dann zusätzlich noch einmal 20% Sonder-AfA gezogen werden. Übrig bleibt ein Asset, dass sich selbst trägt und bereits nach einem Jahr kein Eigenkapital mehr enthält.
Anders als Volleinspeiseanlagen werden Eigenverbrauchsanlagen grade bei Gewerbe- und Industrieunternehmen mit einem hohen Stromverbrauch immer interessanter. Der Strom aus der Photovoltaikanlage kostet unter Einbeziehung aller auftretenden Kosten über 20 Jahre ca. 9-10 Cent. Alleine die Entgelte, die an den Netzbetreiber gezahlt werden, liegen bei etwa 8-9 Cent. Kostet der Strom aus dem Netz nur 2 Cent, so hat der Betrieb bereits Geld gespart.
In meiner Funktion als Projektleiter im Bereich Photovoltaik habe ich bereits bei dem Bau von Photovoltaikanlagen im Industriebereich mitgewirkt, die eine Eigenverbrauchsquote von 60 Prozent oder mehr haben. Diese Anlagen hatten sich bereits nach 3 Jahren vollständig amortisiert.
Fazit
Aus meiner Sicht lohnt sich eine Photovoltaikanlage immer. Ob es sich lohnt oder nicht ist eher abhängig von den persönlichen Bedingungen, die an die Wirtschaftlichkeit gestellt werden.
In diesem Punkt lohnt sich eine Photovoltaikanlage allerdings immer: Das die Gesellschaft immer mehr grüne Energie erhält und wir so den Energiewandel hinbekommen. Je mehr Menschen hier mitmachen, desto schneller und desto schmerzfreier wird dieser Wandel für uns alle vollzogen werden.
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